Spannungsfreies Vaginaltape (TVT): unsere modifizierte Technik – effektive Lösungen für die postoperative TVT-Korrektur

Schritte

Schritt 1

Die Patientin wird in eine horizontale Dorsolithotomielage gebracht. Nach der Desinfektion wird die Blase über einen transurethralen Foley-Katheter entleert. Lokalanästhetika (0,5 % Lidocain und Suprarenin) werden in die Bauchhaut knapp oberhalb des Schamhügels und abwärts entlang der Rückseite des Schambeins bis zum Retziusraum injiziert (Abb. 1). Über dem oberen Rand des Schambeins werden zwei kleine Schnitte gesetzt, durch die später die TVT-Nadeln nach oben geführt werden. Dann applizieren wir Lokalanästhetika in die Vaginalwand sub- und paraurethral, etwa 1 cm unterhalb des Meatus urethralis. Mit der Fingerspitze führen wir eine lange, gebogene Nadel um das Schambein herum, um vaginal den Raum von Retzius und die Fascia pelvina zu infiltrieren. Die Lokalanästhetika belaufen sich auf 50-80 ml und werden oft durch intravenöse Sedativa (z.B. Remifentanil und Ultiva) ergänzt.

Abb. 1

Schritt 1. Lokalanästhesie: Hier werden 5 ml 0,5 %ige Lidocainlösung unter die Scheidenwand im Bereich des kleinen Schnittes für Schritt 2

Schritt 2

Die Harnröhre und der Blasenhals werden mit einem geraden Metallgriff im Foley-Katheter markiert. In der Mittellinie der suburethralen Vaginalwand wird ein 1 cm langer sagittaler Einschnitt vorgenommen, der etwa 1,5 cm unterhalb des äußeren Harnröhrenganges beginnt (Abb. 2). Um postoperative Blasenentleerungsstörungen (z.B. Dranginkontinenz) zu vermeiden, sollte der Schnitt so schonend wie möglich erfolgen, da paraurethales Gewebe nicht verletzt werden darf.

Abb. 2

Schritt 2. In einem Abstand von etwa 1 cm vom Meatus urethrae wird in der Mittellinie der Scheidenwand ein Schnitt von etwa 1 cm gesetzt

Schritt 3

Lateral von diesem Schnitt wird mit der Lexer-Schere eine stumpfe, streng subvaginale Dissektion zu beiden Seiten der Harnröhre vorgenommen (Abb. 3). Diese beiden Tunnel mit der exakten Breite des Prolene-Bandes müssen unterhalb der Fascia vaginalis angelegt werden, damit das eingebrachte Prolene-Netz nicht die Vaginalschleimhaut beeinträchtigt und somit Probleme verursacht.

Abb. 3

Schritt 3. Mit der Lexer-Schere wird ein Tunnel unter der Faszie der Vagina in Richtung des Sitzbeinhöckers unterminiert

Schritt 4

Der gerade Metalleinschläger hilft, die Harnröhre und die Blase auf die linke, dorsale Seite zu lateralisieren, wenn die TVT-Nadel in die vorbereitete rechte paraurethrale Inzision eingeführt wird (Abb. 4). Die Spitze der Nadel wird zunächst in einer gebogenen Linie durch den rechten subvaginalen Tunnel in Richtung des urogenitalen Diaphragmas geführt und dann präzise sagittal gedreht.

Abb. 4

Schritt 4. Die TVT-Nadel wird vorsichtig in den vorgeformten Tunnel eingeführt

Schritt 5

Durch Absenken des Nadelgriffs und unter Kontrolle der Fingerspitzen wird die endopelvine Faszie perforiert. Die Nadel wird durch den retropubischen Raum entlang der Rückseite des Schambeins durch den Retzius-Raum zum Bauchhautschnitt geführt, wo sie nach oben gebracht wird. Dort verbleibt sie in situ, und der Metallgriff wird abgezogen (Abb. 5). Es ist wichtig, die Nadel (in einem spitzen Winkel) entlang des Os pubis zu führen, indem die Rückseite des Knochens „geschabt“ wird (Abb. 6). Dieses Verfahren verhindert Komplikationen wie die Perforation der Blase, insbesondere nach früheren Operationen mit postoperativer Vernarbung um das Cavum Retzii.

Abb. 5

Schritt 5. Nun wird die TVT-Nadel in gerader, sagittaler Richtung um die Symphyse geschoben und die Spitze der Nadel durch die Haut des Schamhügels gestochen

Abb. 6

Die Spitze der Nadel muss die Rückseite der Symphyse bzw. des Schambeins berühren, um Verletzungen der Blase zu vermeiden

Bevor wir mit der Zystoskopie beginnen, um eine intakte Blase zu bestätigen, werden die Schritte 4 und 5 mit der zweiten Nadel auf der linken Seite der Harnröhre wiederholt. Unsere modifizierte Methode spart Zeit und hat bei den letzten 800 durchgeführten TVT-Eingriffen keine Nachteile gezeigt.

Schritt 6

Die gerade metallische Katheterführung wird entfernt, und die Blase wird mit 400 ml Kochsalzlösung für die Zytoskopie vorbereitet. Die Zytoskopie wird mit einer 70-Grad-Storz-Optik durchgeführt, so dass alle Bereiche der Blasenschleimhaut inspiziert werden können (Abb. 7). Im Falle einer Perforation müssen wir die TVT-Nadel vaginal entfernen und eine neue Passage beginnen, wiederum gefolgt von einer Zystoskopie.

Abb. 7

Schritt 6. Nachdem die Nadel oder beide Nadeln um das Schambein herum und durch die Oberfläche des Venushügels geschoben wurden, muss eine Zystoskopie durchgeführt werden

Schritt 7

Im Falle einer intakten Blase werden die Nadeln vollständig durch die Bauchhaut gezogen und vom Prolene-Band abgeklemmt (Abb. 8). Mit Kocherklemmen werden die Enden des Bandes fixiert. Die TVT-Schlinge sollte flach auf der Oberfläche der mittleren Harnröhre aufliegen. Nun können wir mit dem Spannungstest beginnen. Der Patient wird aufgefordert, kräftig zu husten, um die Harnkontinenz zu prüfen. Bei Urinverlust werden die Enden der Schlinge leicht gezogen, bis die Kontinenz bestätigt ist. Wichtig ist, dass die Schlinge nur locker um die Harnröhre gelegt wird, ohne Spannung und Überhöhung. Für die richtige Einstellung verwenden wir eine Cooper-Schere, die zwischen Band und Harnröhre platziert wird. Die Kunststoffhüllen werden entfernt, und die abdominalen Enden des Bandes werden subkutan geschnitten. Es ist keine Fixierung erforderlich, um das Tape zu halten. Die vaginalen Inzisionen werden mit einzelnen resorbierbaren Vicryl-Knoten vernäht, und die abdominalen Hautschnitte werden mit Klebeband verschlossen. Wir ziehen es vor, die Blase 2 Stunden lang nicht zu entleeren. Eine gefüllte Blase verhindert Nachblutungen, indem sie den retropubischen Raum komprimiert. Unsere Komplikationsrate für Nachblutungen liegt bei 0,3 % und damit deutlich unter den bisher veröffentlichten Daten. Ein Gramm Cefotiam (Spizef) wird peri-operativ verabreicht. Die niedrigen Komplikationsraten der TVT sind mit denen der Kolposuspension vergleichbar.

Abb. 8

Schritt 7. Wenn keine Läsion der Blase vorliegt, wird die TVT-Nadel gezogen und das Netz der TVT kommt an die Oberfläche des Schamhügels

Behandlung von Komplikationen

Perforation der Blase (bis zu 11,6 %) und Blutungen (bis zu 3,3 %) sind die häufigsten Komplikationen während des Eingriffs. Entleerungsschwierigkeiten (bis zu 17 %) sind die häufigste postoperative Komplikation, die oft zu einer erneuten Operation führt. Wenn die Schlinge zu eng um die Harnröhre gelegt wird (Abb. 9), erhöht sich durch den reduzierten Neigungswinkel von weniger als 45 Grad das Risiko eines Harnverhalts, der sonographisch diagnostiziert wird.

Abb. 9

Eine zu eng angelegte Schlinge kann die Harnröhre anheben und Harnverhalt und Dyspareunie verursachen

Die Ursache für ein gespanntes Band muss nicht nur iatrogen sein. Da die Struktur des Prolene-Netzes die Zugkraft beibehält, besteht das Risiko einer postoperativen Obstruktion und einer Erhöhung der Harnröhre, obwohl die Schlinge korrekt platziert wurde. So kann beispielsweise das Entfernen der Kunststofffolien intraoperativ eine Traktion innerhalb der Bandstruktur verursachen, die postoperativ auf die Schlinge um die Harnröhre übertragen wird. Daher sollten wiederholte intraoperative Anpassungen, wie z. B. das Lösen oder Anziehen derselben Schlinge, vermieden werden.

Im Falle eines Harnverhalts (>100 ml) und/oder einer zu eng angelegten TVT (sonographisch diagnostiziert) gehen wir wie folgt vor. (Die üblichen Methoden wie Dilatation der Harnröhre oder Verlängerung des Bandes mit einem Hegar-Griff, der das Band verengt und die Stabilität des Netzes verringert, wenden wir nicht mehr an.)

Lockerung des TVT mit Lokalanästhesie und/oder Sedativa (i.v.)

Um das Prolene-Band freizulegen, müssen wir die Vicryl-Nähte entfernen, die für die suburethrale Kolpotomie verwendet wurden (Abb. 10). Dann wird eine Seite der Schlinge mit einer Overhold-Klemme festgehalten. Während die Patientin zum Husten aufgefordert wird, kann die vorsichtige Lockerung des TVT erfolgen, wobei der Chirurg stets darauf achtet, die Korrektur nicht zu übertreiben. In den meisten unserer Fälle war die Lockerung des Prolene-Bandes erfolgreich. Andere Bandmaterialien als das TVT-Prolene-Netz bereiteten jedoch aufgrund ihrer unterschiedlichen Netzstrukturen Schwierigkeiten. Nach erfolgreicher Korrektur des TVT kann die Kolpotomie in der üblichen Weise verschlossen werden. Eine Lockerung des TVT wie beschrieben ist nur innerhalb der ersten 14 Tage nach der Operation möglich. Was passiert aber, wenn das Band zu fest sitzt und die Patientin nach Wochen, Monaten oder gar Jahren Symptome (z.B. Schmerzen oder Dyspareunie und/oder Harnverhalt) zeigt? In der Literatur werden zwei Lösungen angeboten. Die erste ist die vollständige Entfernung des Bandes und das Einsetzen eines neu angepassten TVT. Dieses Verfahren ist mit einem erheblichen Gewebetrauma verbunden und garantiert keine komplikationsfreie postoperative Phase. Die zweite ist die suburethrale Spaltung des Bandes. Dieses Verfahren wird frühestens 2 Monate nach der Operation empfohlen, da das Gewebe eine gewisse Konsistenz erreicht haben sollte, um das erneute Auftreten einer Belastungsharninkontinenz zu reduzieren. Deshalb haben wir eine individuell angepasste Methode der Tape-Dehnung durch ein Prolene-Interponat entwickelt.

Abb. 10

Freilegung des TVT. Unter örtlicher Betäubung wird die kleine Kolpotomie eröffnet und der TVT mit einer Overhold-Klemme um etwa 0,5 bis 1,5 cm abgezogen

Verlängerung des TVT

Schritt 1

Die Vaginalschleimhaut wird über eine horizontale Strecke von 1,5 cm knapp unterhalb des platzierten Bandes disseziert (Abb. 11). Die freigelegte Schlinge wird vorsichtig vom Bindegewebe gelöst und zu beiden Seiten mobilisiert (ca. 3 cm). Sobald Overhold-Klammern die Enden beider Seiten fixieren, kann das Band suburethral halbiert werden.

Abb. 11

Schritt 1. Die Scheidenwand wird knapp unterhalb der Harnröhre auf 1,5 cm gespalten. Der TVT wird präpariert, beidseitig mit einer Overhold-Klemme gehalten und in der Mitte durchgeschnitten

Schritt 2

Ein 1,5 cm×6,5 cm (Breite × Länge) großes Prolene-Interponat wird an beiden Bandenden mit einem Abstand von 2 cm überlappend angenäht (Abb. 12). Es wird ein untergetauchter einfacher Vicryl-Knoten verwendet.

Abb. 12

Schritt 2. Ein Prolene-Netz wird individuell angepasst, hinter den Enden des TVT positioniert und mit Prolene-Nähten am TVT fixiert

Schritt 3

Wir testen die Spannung des neu angepassten Bandes, kontrollieren die Blutung und vernähen die Vaginalschleimhaut neu (Abb. 13). Perioperativ werden Antibiotika verabreicht. Bislang haben wir 12 TVT-Verlängerungen durchgeführt. Die Patientinnen wurden 18 Monate lang mittels Tonometrie und Sonographie nachbeobachtet, was gute klinische Ergebnisse zeigte. In drei Fällen kam es jedoch zu einer Erosion des Bandes. In einem Fall konnte dies durch eine lokale Östrogentherapie behoben werden. In einem anderen Fall war die Östrogentherapie nicht erfolgreich. Daher mussten wir das Band freilegen und mit mobilisiertem Vaginalgewebe abdecken. Danach war ein postoperativer Zeitraum von 1 Jahr frei von Komplikationen. Eine Patientin mit Dyspareunie wurde in einer anderen Klinik behandelt, wo das TVT vollständig entfernt wurde. Hier liegen uns keine Daten über das Ergebnis vor. Aus unserer Erfahrung heraus empfehlen wir nun nach jeder TVT-Verlängerung eine anhaltende lokale Östrogentherapie. Außerdem sollte, wenn möglich, die TVT beim Verschluss der Kolpotomie mit zusätzlichem mobilisiertem Vaginalgewebe abgedeckt werden.

Abb. 13

Schritt 3. Die Spannung des neu angepassten TVT wird überprüft, und die kleine Kolpotomie wird geschlossen

Reduzierung der TVT-Länge

Wenn das Band zu locker um die Harnröhre gelegt wird, ist der TVT unwirksam. Die Belastungsharninkontinenz bleibt bestehen und macht eine TVT-Korrektur durch Verkürzung notwendig.

Schritt 1

Auch hier legen wir das Band frei, trennen es vom Bindegewebe und fixieren es mit zwei Overhold-Klammern (Abb. 14). Als nächstes schneiden wir ein Stück der suburethralen Schlinge heraus (~1 cm).

Abb. 14

Schritt 1. Die Scheidenwand wird knapp unterhalb der Harnröhre gespalten, der TVT wird vorbereitet und mit Overhold-Klammern fixiert. Ein individuell angepasster Teil des TVT wird herausgeschnitten

Schritt 2

Ein Prolene-Interponat (4 cm×1,5 cm) wird hinter das durchtrennte Band gelegt, so dass die individuell korrigierten Enden durch Einzelknoten angenäht werden können (Abb. 15). Es folgt wieder der allgemeine Verschluss der Vaginalschleimhaut.

Abb. 15

Schritt 2. Ein Prolene-Netz wird an der TVT unterlegt und mit Prolene-Nähten fixiert. Die Kolpotomie wird mit Vicryl-Nähten verschlossen

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